Dieser Netzauftritt verwendet Sitzungs-Cookies
Näheres erfahren Sie in der Datenschutzerklärung.
Der Blog des Goldseelchen-Verlags
Dem Priester-Typus auf der Spur
„Ich mach den Priester.“, sagt ein Rollenspieler beim Verteilen der Charaktere. Klingt gut.
Und was stellt er sich da so vor?
Die Typen
Im Rollenspiel hat jede Figur ihre vorher bestimmten Aufgaben. Die Figur wird dann zu dieser Aufgabe bzw. diesem Typus. Alle Eigenschaften sind der Aufgabe untergeordnet. Unter den Typen gibt es unter anderem die Wächter, die Heiler, die Krieger, die Pioniere oder die Lehrer. Was ihre Tätigkeiten sind, erklärt sich schon durch den Namen.
Und dann sind da noch die Priester. Was machen diese Figuren eigentlich? Manchmal verstärken sie irgendwie die Fähigkeiten der anderen Gestalten. Manchmal können sie gegnerische Figuren bekehren, Zauber vollbringen, um Regen oder gutes Wetter bitten oder die Rolle des Heilers einnehmen.
Angenommen, jede wirkliche menschliche Gruppe setzt sich aus bestimmten Typen zusammen, Menschen mit gewissen Aufgaben in der Gruppe. Es ist egal, ob diese Aufgaben sich mit einem Beruf decken. Egal, ob diese Stellung durch ein Studium, eine Lehre oder durch persönliche Fähigkeiten erreicht wird.
Vollzieher der Weihen
Was ein Priester ist, macht der Sprachgebrauch deutlich. Das populäre Verständnis von Priester reicht vom überheblichen Geistlichen bis zum Kultvorsteher, der unverständliche Handlungen vollzieht. Für die Gruppe hält und pflegt er den Kontakt mit dem, was sich den äußeren Sinnen entzieht. Unser Priester-Verständnis entspricht dem römischen sacerdos, der dem Namen nach etwa ein „Vollzieher der Weihen“ ist.
Er wird benötigt, weil das Leben an sich unerklärlich ist. Schwierig zu verstehen sind große Veränderungen, die es mit sich bringt.
Kinder werden geboren. Sie treten als Individuen in die Familie ein. Nach und nach werden sie erwachsen. Junge Erwachsene heiraten. Sie begründen eigene Familien. Menschen sterben. Der Tod ist kein Zeitpunkt, sondern zieht sich hin.
Für all diese Übergangssituationen haben die Menschen Passageriten. Nicht nur Juden, Christen und Muslime begehen die Stationen von der Geburt bis zum Tod mit Weihehandlungen. Alle Religionen führen unter Anleitung Rituale durch. Sogar Atheisten haben erkannt, dass Unglaube nicht alles sein kann und feiern ihre Riten.
Will man die Rolle, den Typus des Priesters streng auslegen, bleibt eine heilige Sphäre erhalten. Für die Rituale reicht es, wenn nur der Priester höheres Verständnis der weiteren Bedeutung hat. Dafür ist er Spezialist. Auch, wenn es nicht mehr zu verstehen gibt, als es zu sehen gibt, haftet dem Priester ein Glanz des Heiligen an. Das führt zu dem Glauben, der Priester sei selbst Teil des Heiligen. Daher gibt es Aufnahmerituale: Priesterweihen. Der Priester ist nicht nur Weihender, er ist selbst Geweihter.
Uli in Gesellschaft am 31.07.2012 um 16.35 Uhr
Werkzeuge: |