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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
Auf der Suche nach den verschwundenen Miniatur-Möbeln von Bodo Hennig
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Die kurze Antwort lautet: „Alles ist weg.“ In Kinderzimmern gibt es kein Bodo Hennig mehr. Miniatur-Atlantis ist untergegangen. Zumindest gibt es keine aktuellen Bodo-Hennig-Möbel mehr. Und damit auch nicht die Architektur- und Inneneinrichtungsmoden von heute als Miniatur. Ein weiterer Tiefschlag: Nicht einmal einen Wikipedia-Eintrag gibt es zu Bodo Hennig. Und das, obwohl die Verkaufsplattform Ebay heute noch mehr als 1.300 Treffer zum Namen liefert, obwohl unlängst ein Butterfass aus dem Hause Bodo Hennig – trotz possierlicher Größe eines Radiergummis mit einwandfrei funktionierender Mechanik exakt wie das große Vorbild, versteht sich – für 40 Euro über die digitale Gebrauchtwaren-Ladentheke ging.
Nur wenige Netzseiten gibt es, die Informationen bieten. Eine davon ist die einer Zeitung. Sie zeigt die Traueranzeige von Bodo Hennig, dem Mann, der die kleinen Welten in die Welt brachte. Geboren ist er am 26. Juni 1928 im Erzgebirge. Östlich von Chemnitz liegt der Geburtstort Borstendorf in der als Weihnachtsland bekannt gewordenen Region mit ihrer jahrhundertealten Tradition des Holzkunsthandwerks. Viele kennen die Schwibbögen, Weihnachtspyramiden und all das andere filigrane Holzkleinod, das man heute zwar immer noch in der Gegend nahe der deutsch-tschechischen Grenze findet, aber aufpassen muss, dass nicht „Made in China“ drauf steht. Bodo Hennig wurde 85 Jahre alt und ist am 29. Oktober 2013 in Lindau am Bodensee gestorben.
Dazwischen liegen nicht nur gut 500 Kilometer Luftlinie. Dazwischen liegt ein Berufsleben von nicht weniger als 60 Jahren. Durch die Gemeinde Grünhainichen, zu der Borstendorf gehört, erfahre ich: Hier gab es einst nicht nur eine Spielwarenfach- und Gewerbeschule. Bodo Hennig hat sie auch besucht, schon als 14-Jähriger. Sogar ein Bild des jungen Bodo an der Werkbank stellt die Gemeinde zur Verfügung. Ein Lebenslauf ist mit dabei.
Bereits als Sechsjähriger sei Bodo von den Spielwarengeschäften auf dem Schulweg so fasziniert gewesen, dass er es gewusst habe: „Wenn ich groß bin, werde ich Spielzeugmacher!“ Damit trat er in die Fußstapfen seines Vaters, des Spielzeugmachers Walter Hennig, der sich inflationsbedingt seit den 1930er Jahren allerdings als Speditionskaufmann verdingte. Dem Gang der Geschichte musste auch Bodos Lebenstraum zunächst weichen: Erst wurde er mit 16 Jahren – wir befinden uns im Jahr 1944 – als Luftwaffenhelfer eingezogen. Um die kommende sowjetische Besatzungszone in der Nachkriegszeit hinter sich zu lassen, legte Bodo Hennig dann die ersten gut 400 Kilometer zurück. Er zog nach Waal im Ostallgäu. Das liegt westlich der Romantischen Straße und etwas südlicher als Landsberg am Lech in Bayerisch-Schwaben. Der Ort hat seit dem 15. Jahrhundert das Marktrecht. Ein Jahrhundert später kam ein Schloss mit flachen Ecktürmchen und hübschem Walmdach auf den Resten einer mittelalterlichen Burg dazu. In Waal erlernte Bodo Hennig das Drechselhandwerk. Während er es bis 1950 bis zum Meister brachte, entwarf er seine ersten Puppenmöbel.
sophie in Kunstkultur am 13.04.2024 um 10.43 Uhr
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