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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
Preacheridoo präsentiert zweites Album
Preacheridoo wird erwachsen. Zumindest könnte man das so sehen, wenn denn die fünfköpfige Feuchtwanger Bänd je eine Kindheitsphase gehabt hätte. Schon immer nämlich war die christliche Musik auf Konzeptbasis entwickelt und einstudiert; nebenher noch abgewürzt mit Lebenssinn, Spontaneität beim Spielen und echter Freude bei den Auftritten. Das war schon sehr erwachsen, was man seit mehr als zwei Jahren in Westmittelfranken erleben und hören konnte, wenn man denn wollte.
Preacheridoo hatte nämlich ein Problem, das die Gruppe selbst nie als Problem sah – und unliebsame Hörer einfach vom Hals hielt. Die Lieder sind durch und durch mit christlichen Themen gefüllt. Nach wie vor ist das so. Nur geändert hat sich, dass die Musiker nun mehr keine fertigen Titel übernehmen, sondern alles selbst schreiben. Weggefallen sind damit vor allem „flache“ Worship-Lieder.
Klar gehört es zum Leben als Christ dazu, Gott, egal in welcher Manifestation, anzubeten und zu verehren. In den USA hat sich daraus ein ganzes Musikgewerbe entwickelt, das insbesondere evangelikale Gemeinden mit immer neuen, „schön“ und „glatt“ klingenden Stücken versorgt. In Deutschland zieht diese Richtung aber nicht so gut. Vorurteile vor den häufig synthesizerbeladenen Worship-Liedern sorgen dafür, dass einige Leute Preacheridoo nicht mochten. Ohne jedoch die Bänd gehört zu haben.
Die Feuchtwanger waren aber noch nie eine pure Cover-Gruppe. Sie haben auch noch nie einfach die Durklänge aneinandergereiht und ein Lied nach dem anderen hinausgepresst. Hätten sie das Nachdenken über ihre Musik verhindern wollen, dann wäre das wohl die Methode gewesen. So aber standen sie mit Eigeninterpretationen im Blickfeld der Kritik. Das Positive ist das, was mich oben behaupten lässt, es habe nie eine wahre Kindheitsphase in der Bändgeschichte gegeben: Mit dem Wissen, dem Können und dem Gespür waren selbst die Fremdkompositionen „typisch“ Preacheridoo. Eben voller Fröhlichkeit, Freude am Tun, Harmonie im Spielen.
Diese Fröhlichkeit drückte sich zuletzt in ihrer fünfköpfigen Besetzung beim ursprünglichen Abschiedskonzert am 1. September 2006 aus: zwei- bis dreistimmiger Gesang, der über und in der variationsreichen Begleitmusik liegt. Dann ging Sängerin Conny Müller nach Malaysia für ein Jahr. Doch man wollte nicht aufgeben. So blieb ein Jahr Entwicklingszeit. Die Zeit wurde es, in der Preacheridoo reifte. Vom Interpreten der Musik, wie wir es auf dem Life-Album „Improvisation“ erleben durften, zum Macher der Musik. Und nicht nur in der Spielweise drückt sich das neue Preacheridoo aus.
Eine fast komplett andere Playlist liegt vor, ein neues Album ist zur Zeit am Entstehen. Kein Life-Album mehr. Preacheridoo hat die Bühne, die Umgebung nicht mehr allzu nötig, um den Lebensstil, die Fröhlichkeit, das musizierte Ja-Sagen zu feiern. Die Lieder sind nun hauptsächlich eigene Werke, aus der Feder von Lisa Schweiger. Alles, was Preacheridoo spielt, ist für Preacheridoo geschrieben. Maßgeschneiderte Werke, die lebensechten Optimismus ausstrahlen, vom Leben mit Gott an der Seite erzählen und unwidersprüchlich auch Tiefen wiedergeben. Tiefen, die das Leben zeichnet und sich in „experimentellen“ Akkorden brechen. Preacheridoo wirkt erwachsener, weil es nicht mehr stört, wenn eine Septime auftaucht. Weil es nicht mehr stört, wenn von Fröhlichkeit erzählt wird, die Musik dazu in „schrägen“ Jazzakkorden zum Mitgehen auffordert.
Der alte Stil war sehr populär. Warme Klänge, gepaart mit der altbekannten Terzbegleitung im Gesang und der immer groovenden Schlagzeug- und Bassbasis. Das konnte theoretisch jeder hören. Weil es eben das natürliche Musikempfinden aufgriff. Und weil die Lieder eben so waren. Durchaus war es eine Herausforderung. Nicht jede Gruppe konnte das. Und nicht jede Gruppe wirkte so authentisch dabei, wie es Preacheridoo tat. Trotzdem konnte das eine Jahr Neues bewirken, ja, die ganze Bänd reifen lassen.
Dass Conny Müllers Abwesenheit zu diesem Schritt auf irgend eine Weise beigetragen hat, glaube ich nicht. Es ist einfach die Erfahrung, das Zusammenspielen, der eigene, neue Stil, der die Lieder so formt. Hannes Kampf am Schlagzeug experimentiert mehr. Christoph Soldner am Bass legt der Musik die funkige Leichtigkeit bei – ohne die alles anders aussehen könnte. Das Wechselspiel zwischen Sarah Zischler und Lisa Schweiger um Gitarre und Klavier tut sein übriges. Conny steigt dazu einfach ein- und passt noch immer oder vielleicht noch mehr?! Neue Instrumente kommen hinein. Und jetzt ist es auf einmal nicht mehr Sarah, die Gitarristin oder Lisa, die Dame am Keyboard. Es ist das Gesamtbild. Es ist Preacheridoo. Zu gleichen Teilen nun das außergewöhnliche „-eedoo“ neben dem „Preacher-“.
Allein der Gesang macht schon mehr: drei- bis vierstimmig, aber nicht parallel geführt, sondern „durcheinander“, ein geordnetes Chaos. Das ist viel ausdrucksstärker. Kanon-gleich wird erzählt. Nicht nur gesungen. Scheinbar spontan fügt jede der drei Damen ihre Stimme. Ohne in die Noten zu blicken entsteht der Sound. Das ist Können und benötigt Erfahrung. Respekt, sage ich da nur.
Effekte kamen viele hinzu. Das Publikum darf mitklatschen, sogar mitsingen. Die Interaktion braucht es. Das ist Tribut an die Orte, an denen Preachidoo groß geworden ist. Kirchen, Gemeindefeste, Marktplatz, Sommerfühl. Die Leute wollen dabei sein. Und sie wollen mehr tun, als nur auf Eins und Drei die Hände zusammenschlagen. Komplizierte Rhythmen – das hat kein Worship-Lied.
„Jesus in my Pocket“ dürfte ein Lied sein, das dieses Komplexe betont. Sarah steht vor dem Mikrophon, hält eine Aufziehpuppe hoch, die ein Schlaflied dudelt. Darauf basiert das Lied. Experimentell, inhaltlich abgestimmt – WOW. Eine Mandoline kommt zum Einsatz in „Tears of Happiness“. Das ist ideenreich. Ebenso wie der Einsatz des Akkordeons bei „The harmless Song“. Man hat als Zuschauer etwas zu sehen, zu erleben. Es wird nicht langweilig. Glockenspiel taucht auch bei einem Lied auf. Und Christoph gibt sich dem großen Bruder aller Saiteninstrumente hin, wenn er den Kontrabass bei „We will see“ zupft.
„We will see“, das „unplugged“-Jazz-Stück ist auch zugleich das letzte und neueste aus Lisas Feder. Einmal nur, bei ihrer Abschiedsfete, waren alle fünf Musiker zusammen zu sehen und zu erleben. Jetzt ist sie erst einmal für ein Jahr in Kamerun. Zuvor hat sie noch ihre Spuren eingespielt zum Studio-Album. Fünf Preacheridoos vereint auf einer CD mit neun vielversprechenden Stücken. Darauf freue ich mich schon.
Uli in MAT: Newcomer am 10.10.2007 um 17.04 Uhr
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