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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
Ab sofort ohne mich
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Übrigens bin nicht ich es, der verlangte, dass es überhaupt solche Geschenke geben soll. Sie hatten das eingeführt und eingefordert. Sie alle. Jeder hat sich daran beteiligt. Die dämliche Behauptung, Ihre Geschenke würden zu mir dazugehören, ist einfach dumm. Ich fühle mich jedes Mal aufs Neue unverstanden und verzerrt wiedergegeben.
Dass mir auch noch die Schuld für den ganzen Stress zugeschoben wird, war wirklich der Gipfel der Frechheiten. Nie hatte ich gesagt, dass meinetwegen etwas besorgt werden müsste. Dennoch zogen alle los, die meisten auf den letzten Drücker. Sie waren es selbst, die es so wollten. Da konnte ich nichts dafür und will auch nicht länger als Buhmann geradestehen müssen.
Noch schlimmer aber finde ich jene, die meinten, mich richtig verstanden zu haben. Jene, die sich frei nehmen, es „gemütlich“ angehen lassen wollen und einen auf „glücklich“ machen. Wieso wollte nie jemand meinen Hinweis wahrnehmen, dass Sie alle einfach nur nichts tun bräuchten? Nie habe ich die Anweisung gegeben, irgendwohin zu gehen. Ich habe nicht mit Disziplinarstrafen gedroht, sollte jemand wirklich unglücklich sein. Und von niemandem habe ich verlangt, dass ich im Mittelpunkt stehen sollte.
Alles, was ich wollte, all meine Ziele, warum ich in dieser Firma damals meine Arbeit begonnen hatte, war, die Erwartungen richtig zu rücken. Die Erwartungen, die gestellt wurden, waren falsch und unaufrichtig gewesen. Sie waren hochtrabend und unerfüllbar. Sie konnten nur enttäuscht werden.
Vielleicht tragen auch Sie mir heute noch nach, dass mein Dienstantritt vor all den Jahren mit dieser erniedrigenden Enttäuschung einherging. Doch die Enttäuschung sollte die Sachen richtig stellen. Ich wollte Sie zur Aufmerksamkeit schulen. In der Tat ging mein Dienstplan auch die ersten Jahre auf. Einige erkannten, dass das Große nicht im Überzogenen, sondern im Untertreiben zu finden ist. Einige erkannten, dass Frieden auf Erden nicht mit dem Schwert, sondern mit einer herzlichen Umarmung zu erlangen sei.
Doch was rede ich? Sie werden zustimmen und meinen, dass Ihnen diese Anliegen ja längst bekannt seien.
Aber das sind sie nicht. Sie haben nach wie vor nicht verstanden. Sie werden auch weiterhin nichts verstehen.
Sie erzählen, ich würde den Blick auf die Ärmsten öffnen und verkaufen überteuerte Orangen für den eigenen Zweck – dabei erkennen Sie nicht, dass Ihre Käufer den guten Zweck nötig hätten. Sie behaupten, ich sei das Fest der Freundschaft, dabei versperrt Ihnen der Billigweihnachtsbaum für zwei Euro neunundneunzig den Blick auf den verwitweten Nachbarn, der Sie und Ihre Familie unter seine selbst gezogene Fichte einladen möchte. Sie sagen, ich sei das Fest der Kinder, und nötigen Ihren Nachwuchs zum Auspacken von unbrauchbarem Schrott, anstatt dass Sie ihnen endlich einmal zuhören.
Sie unterstellen, ich sei das Fest der Erfüllung, dabei lassen Sie beim perfekten Fest keine Lücke, die gefüllt werden könnte.
Und da Sie nun nicht einmal ansatzweise nachvollziehen können, welche Schuld Sie oder Ihre Kollegen an meinem Unwohlsein tragen, fühle ich mich in meiner Entscheidung, diese Kündigung einzureichen, bestätigt.
Nach langem Überlegen halte ich es auch für Sie das Beste, wenn Sie in Zukunft auf meine Anwesenheit verzichten.
Leben Sie wohl. Aber bitte bleiben Sie nicht, wie Sie sind.
Mit freundlichen Grüßen
Weihnachten
Uli in Gesellschaft am 22.12.2013 um 16.45 Uhr
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