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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
für Tagfalter und Nachtdenker

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Die Suchenden

Vor dem Vorhang der Ewigkeit


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Urheber: Camille Flammarion 1888
 (Creative Commons)

Ein Mensch schreitet die ganze Welt ab, bis er am Weltenende den Vorhang hebt. Er blickt dahinter und erkennt die Räderwerke der kosmischen Bühnentechnik. Dieser Holzschnitt aus dem 19. Jahrhundert karikiert das Weltbild der frühen Neuzeit. Gleichzeitig zeichnet er die Sehnsucht vieler Suchender aller Zeiten. Irgendwann möchten sie die Wand der Dimensionen des Diesseits durchbrechen. Sehenden Auges wollen sie die Hintergründe durchdringen. Sie wollen als Ziel der Suche in dieser Welt erkennen, was dahinter steckt.

Dass es mehr als diese Welt gibt, ist eine Ahndung, die viele Menschen begleitet. Teils unterbewusst, teils augenscheinlich wird zur Gewissheit, dass das Leben nicht alles ist und die unendliche Begrenztheit des Universums ein Vorher und Nachher, ein Nebenher und Drumherum bedeuten muss. Manche gehen diesen Ahndungen auf den Grund. Die Weltliteratur ist voll von Schriften erleuchteter, mystischer, suchender Frauen und Männer.

Nicht jeder macht sich auf die Suche nach einem Außen. Manche haben vielleicht keine Ahndung oder Gewissheit, dass sie ein Wesen sind, das in der Ewigkeit verankert auf endlicher Bühne wirkt. Und manche scheinen sich, gleich übereifrigen Mimen, zu sehr in Ihre Rolle verfangen zu haben. Sie ignorieren die Stimme des Regisseurs aus der Ewigkeit heraus, der ihnen den nächsten Szenenwechsel ankündigt. Sie pfeifen laut vor sich hin und müssen Musik abspielen, damit sie nicht ins Nachdenken geraten. Stets begleitet sie eine Furcht, dass die Rolle, die sie spielen, doch nur eine Rolle ist. Der Mensch, der dort auf der Bühne des Lebens steht, besteht aus mehr als der vorgegebenen Biografie aus Ausbildung, Geldverdienst, Hauserwerb und Kindesgeburt.

Das ist das eine Extrem im Leben: wenn die Offenbarung nicht angenommen wird; oder wenn ein Mensch sich abschottet und sich wahlweise als chemisch-mechanistische Funktion, als Schöpfer seiner Selbst oder als erlöschende Explosion am Ende einer Kette unwahrscheinlicher Zufälle sieht. Selbst, wenn eine dieser drei Setzungen (Funktion, Selbstschöpfung, Zufall) zuträfe, gibt es keinen Grund, nicht über sich selbst oder das Leben nachzudenken. Es gibt keinen anderen Anlass, die Stimme Gottes zu ignorieren, als die pure Angst davor, sein Geschöpf zu sein.

Das andere Extrem aber sind die krampfhaft Suchenden. Kaum hatten die Menschen sich Schriftsysteme erdacht, stellten sie auch schon für ihre Mitwelt die Ewigkeit, wie sie sie sahen und wahrnahmen, vor. Je nach Stand ihrer jeweiligen technischen und kulturellen Entwicklungen zeigten sie die Offenbarungen des Ewigen mal als eine Tierwelt, mal als eine Berglandschaft, mal als einen Wald, eine Höhlenwelt, eine Quelle, eine Wolke in der Wüste, die Tiefe eines Brunnens oder einen entflammten Dornbusch, der nicht verbrannte.

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Uli in Philosophie am 01.04.2018 um 13.47 Uhr

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