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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
für Tagfalter und Nachtdenker

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Über die Freiheit, sich zu entscheiden

Wenn alle Wege offenstehen


„Soll ich’s wirklich machen oder lass’ ich’s lieber sein?“, fragt die Band „Fettes Brot“ in ihrem 90er-Jahre-Lied „Jein“. Sie geben gleich mit dem Titel die Antwort. Entscheidungen sind meistens unbequem – und am besten wäre doch, sich gar nicht erst festlegen zu müssen. Dann blieben alle Wege weiterhin offen, man hätte nichts ausgeschlossen und zu jeder Zeit die freie Wahl. Oder?

Es ist zwar richtig, dass jede Entscheidung für eine Möglichkeit andere Wege ausschließt. Aber die eine Möglichkeit, die ergriffen wird, wird auch zur Wirklichkeit. Ein Beispiel: Jemand hat die Wahl zwischen drei Arbeitsstellen. Jede dieser Berufsaussichten hat ihre Vor- und Nachteile. Einmal ist eine bessere Bezahlung mit schlechterem Teamgeist verknüpft. Ein andermal stimmt die Stimmung in der Abteilung, aber die Fahrtzeit ist zu lang. Ein drittes Mal ist das Büro gleich um die Ecke, aber das Gehalt ist mies.

Bei solchen Werten lässt sich eine Entscheidung noch mit einer Güterabwägung rational treffen. Ein Papier, auf dem viele Plus- und Minuszeichen stehen, könnte auch eine andere Person die Entscheidung nachvollziehen lassen. Am Ende entscheidet aber keine andere Person für die oder den Betroffenen. Am Ende entscheidet das Bauchgefühl – auch wenn es durch äußere Bedingungen beeinflusst war.

Wer in diesem Fall die Wege offen lassen wollte, stünde am Ende ohne Vertrag und ohne Arbeit da. Das muss nicht unbedingt die schlechteste Lösung sein. Zu jeder Auswahl an Optionen gibt es im Leben auch immer die Variante, gar keine Option zu wählen. Auch der Entschluss, keinen vorbereiteten Weg zu gehen, ist ein Weg. Natürlich vorausgesetzt, die Arbeitslosigkeit in unserem Beispiel würde zur betroffenen Person passen und sie glücklicher stimmen als die Auswahl.

Man hat die Freiheit

Nicht immer ist das Quälende an Entscheidungen die Vielfalt der offenen Wege. An manchen Stellen erscheint gar nicht offensichtlich, dass man mit seinem Lebensweg an einer Gabelung angekommen ist. Partnerschaft, Beruf, Wohnort, Kaufgewohnheiten, Interes­sen: Alles, was man im Leben tut, kann immer wieder unter eine bewusste Entscheidung gestellt werden. Man hat – in unserer Gesellschaft – die freie Wahl, es wirklich zu machen oder es lieber sein zu lassen.

Und auch die Entscheidung, sich nicht zu entscheiden, ist eine Entscheidung – für den Status Quo. Aus dieser Perspektive gibt es kein Schicksal, das einen hemmt. Das macht sich die Generation der Zwanzig- bis Vierzigjährigen bewusst und hinterfragt damit das Lebensmodell, das sie von ihrer Elterngeneration gelernt hat. Wurde es früher als harter Kampf empfunden, eine Verbeamtung zu erreichen oder sich mit einem Studium in eine privilegierte Stellung zu begeben: Gegen beides ist nichts einzuwenden. Aber kein Lebensweg ist mit dreißig Jahren fertig geschrieben. Die Verbeamtung oder die Einstellung als Akademikerin bedeuten nicht, bis zum 65. Lebensjahr auf derselben Stelle treten zu müssen. Die mittelalte Generation hat hier eine Freiheit erkannt.

Dass man seit dem 14. Geburtstag bei der örtlichen Bank sein Geld lagert und nun mit Mitte 60 nicht mehr die Bank wechseln möchte, kann seine Begründung haben. Allerdings ist die lange Beziehung kein Argument gegen einen Wechsel. Auch eine fünfjährige oder fünfundzwanzigjährige Lebenspartnerschaft ist kein rationales Argument gegen eine bewusste Entscheidung, einen Weg nicht mehr gemeinsam zu gehen, wenn der Weg denn nicht mehr der richtige ist. Wer das erkannt hat, der kann sich umgekehrt auch jeden Tag bewusst für dem gemeinsamen Weg entscheiden.

Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern

Ein Weg, der gegangen wurde, gehört immer zum Lebensweg dazu. Jeder Schritt auf dem Weg trägt mit dazu bei, der Mensch zu werden, der man ist. Vielleicht ist der Inhalt der Ausbildung nicht wichtig fürs Leben, aber die Zeit in dem Ort war es. Vielleicht war eine Beziehung auf Sand gebaut, aber die Fehler macht man nicht erneut.

Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern. Leider ist diese Aussage keine Plattitüde, sondern Wahrheit. Umso mehr gilt für alle Entscheidungen: Je früher man sich entscheidet, desto mehr Zeit hat man, mit ihren Folgen zu leben.

Festhalten lässt sich: Welchen Weg jemand einschlägt, muss nicht rational begründet sein. Die Entscheidung für oder gegen etwas muss nicht bequem sein. Wenn ein Weg eingeschlagen wird, muss man das auch nicht rechtfertigen, wenn andere diesen Weg nicht mitgehen. Wer Entscheidungen für sein Leben trifft, der darf sich daran orientieren, dass er mit den Folgen auch glücklich sein kann.

...dass Du Deinen Weg gehst

Aus diesen Überlegungen und vielen Gesprächen mit Menschen in Entscheidungssituationen entstand in unserem Goldseelchen-Verlag eine neue Grußkarte. Egal, ob ich’s machen möchte oder es lieber sein lasse:

„Es kommt nicht darauf an, dass Dir alle Wege offenstehen. Es kommt darauf an, dass Du Deinen Weg gehst.“

Uli in Lebenskunde am 11.02.2018 um 16.10 Uhr

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