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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
So hängen Dialekt und Kultur zusammen
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Rheinländer: Lallen von früh bis spät
Der Streifzug kann so weitergehen. Das Mittelfränkische von Lothringen bis Köln hat eine so singende, verwaschen klingende Sprachmelodie, dass die „rheinische Frohnatur“ nicht zum Wein oder zum Kölsch (allein schon das Wort!) greifen muss, um betrunken lallend und nach Feierlaune zu klingen. Dass das „g“ generell „j“ gesprochen wird, trägt dazu bei. Übrigens gehört zu dieser Dialektgruppe auch der deutsche Dialekt aus Siebenbürgen, deren Sprecher aber das ursprüngliche deutsche Zungen-R beibehalten haben (was andernorts nach 1945 weitestgehend verschwunden ist). Die Mischung aus Singsang und für moderne Ohren „osteuropäischem“ R lässt nicht glauben, dass das ein deutscher Dialekt ist.
Norddeutsche: Arroganz nach Gutherrenart
Norddeutsche Hochdeutsch-Sprecher von Hannover bis Hamburg klingen nicht nur arrogant, weil sie alle Laute der Schriftsprache auch so aussprechen, wie sie sein sollen (was jedem Satz einen förmlichen Ausdruck verleiht). Die Sprachmelodie wirkt sehr sachlich. Dazu trägt der Gebrauch des Präteritums in gesprochener Sprache bei und die Tatsache, dass die Niedersachsen keinen Laut für „r“ im Wort haben, sondern ein gedehntes offenes „a“ benutzen: „Ea fragte mich schonn gestan, nich?“.
Wenn Norddeutsche reden, hat das den Beiklang, als würden die Sprechenden einen Sachverhalt aber besser wissen, als sei ihnen etwas bereits klar oder als wäre das Gegenüber das Dienstpersonal. Das ist nicht so gemeint, aber es hört sich so an. Ein Schwabe in Hannover wird den Eindruck gewinnen müssen, von Juristen umgeben zu sein, die seine Nachbarn vertreten. Im Allgemeinen sind die „Noaatdeutsch“-Sprecher in Herrenmanier gastfreundlich, aber nicht aufgeschlossen. Der „unterkühlte“ norddeutsche Menschenschlag bleibt lieber unter sich und benutzt seine förmlich klingende Sprache nur für Formalitäten, sonst schweigt er Außenstehenden gegenüber.
Berliner: Alles ejal
Berliner sind eine Spezies für sich. Preußische Tugenden würde man vermuten. Was Vorschriften angeht, sparen die Schilder der Hauptstadt auch nicht. Allerdings sind diese eher der Versuch der Regierung, ihr Völkchen in den Griff zu bekommen. Den Berlinern ist nämlich alles „ejal“ und das tun sie recht schnoddrig kund. Der Sprache haftet eine moralische Verkommenheit und Wurstigkeit an, die ihre Wirkung dadurch erhält, dass schlampige Grammatik („mich und mir“ fallen zusammen, man redet von „sone Leute“, statt „solche Menschen“), schlampige Aussprache („icke“ statt „ich“ und das „g“ wird zum „j“) und eine immer launische Melodie mit ansonsten hochdeutschen Wörtern zusammenkommen. Es entsteht eben das Bild, dass Berlinern nicht nur korrekte Sprache, sondern auch Vorschriften „ejal“ sind.
Uli in Lebenskunde am 26.05.2016 um 11.35 Uhr
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