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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
für Tagfalter und Nachtdenker

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Das Rudel


Bild: Uli
 (© Eckdose)

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Als die Sonne aufgeht, ist der Wald aufgewühlt, alle Tiere sind verängstigt, der Jäger kriegt wochenlang keinen Hasen mehr zu Gesicht. Und im Wald lebte ein Rudel Wölfe.

Was sagt diese kleine Geschichte aus? Menschen fragen nicht und erkundigen sich nicht nach der Wahrheit. Man braucht ihnen nur etwas zu erzählen, egal ob es wahr ist oder nicht. Wenn es ein ereiferndes Thema unterstützt, einen Hass schürt, dann ist ein kleiner Satz wie ein Stochern im Wespennest.

Ähnlich läuft es in Deutschland zur Zeit mit der Fremdenfeindlichkeit. De Wölfe sollten das Bild sein für Migranten und Ausländer, meinetwegen Muslime. Das Huhn, das im Ort X gerissen wurde, ist ein beliebiges Attentat von Extremisten. Irgendwo auf der Welt. Freilich: Menschen kommen bei diesen schrecklichen Attentaten ums Leben. Und Tausende fürchten sich, frei auf der Straße zu gehen oder sich in ein Café zu setzen. Aber was kann der Pakistani von nebenan dafür? Was kann der nette Gewürzladen-Türke von der Straßenecke dafür? Nichts. Ebenso wie die Wölfe in unserem Wald nichts für das gerissene Huhn (ob das überhaupt passiert war, wissen weder wir, noch die Anwohner) können.

Wenn man jemanden beschuldigt, muss dieser jenige auch Schuld sein. Ansonsten kann ich eine Ähnlichkeit mit jedem X-Belieben suchen und aufgrund dessen einen Generalverdacht aufstellen. Meinetwegen: Ein Attentäter hatte einen grauen Bart. Kann ich daraus folgern, dass der SPD-Vorsitzende Kurt Beck ebenso ein möglicher Attentäter ist? Der Drahtzieher eines Attentats ist Rollstuhlfahrer. Kann Wolfgang Schäuble dann, ebenso gefährlich, demnächst ein Attentat organisieren? Ein Amokläufer in den USA war pietistisch erzogen und stark engagiert in einer evangelikalen Gemeinschaft. Ist das Grund, Günther Beckstein als möglichen Amokläufer zu beobachten?

Nein. Das sind keine Gründe. Genauso wenig, wie es ein Grund ist, Menschen, die aus anderen Staaten stammen und muslimischen Glaubens sind, ein besonderes Gefährdungspotential zuzuschreiben. Sie sind eine Randgruppe. Deswegen kann man ihnen leicht die Schuld geben. Und wenn Politiker den Hass schüren, wie etwa Günther Beckstein, der stets durchblicken lässt, dass für ihn Muslime ausländischer Herkunft in Deutschland nicht willkommen seien, dann ist nicht verwunderlich, wenn an der einen oder anderen „brennenden“ Stelle der Mob auf Migranten, insbesondere Dunkelhäutige, losgeht. Wie etwa in Ostdeutschland, wo Schuldige für die Arbeitslosigkeit und die allgemeine Misere gesucht werden.

Frei nach dem Motto: „Die machen Attentate, essen kein Schweinefleisch und glauben an Allah – also nehmen sie uns auch die Arbeit weg.“, werden Inder durch den Ort gehetzt oder mal eben so Schwarzafrikaner verprügelt. Dass die Politiker hinterher dafür Schuldige suchten, wie es überhaupt dazu habe kommen können, verwundert nicht. Der Vorwurf trat auf, auch wider das Gros der Bevölkerung, man habe „weggeschaut“.

Da brauche ich doch gar nicht erst wegsehen, um zu merken, dass der Hass, die Grundlage für diese unhaltbare Situation, nicht von alleine kommt. Wer pauschalisiert und kategorisiert, schafft automatisch Abgrenzung. Und die Ausgegrenzten sind die Sündenböcke, die Schuldigen. Wie die Wölfe in meiner Geschichte.

Und wenn sie erst einmal tot sind, merkt keiner mehr, dass sie eigentlich lammfromm waren.

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Uli in MAT: Sonstiges am 08.09.2007 um 15.29 Uhr

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