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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
für Tagfalter und Nachtdenker

Der Blog des Goldseelchen-Verlags

Wenn die Falschen zu Märtyrern werden

Das Sterben der Hitzköpfe


Urheber*in: Eugène Delacroix
 (Creative Commons)

Große Ideen suchen glühende Anhänger, die fiebrig kämpfend sie verbreiten und durchsetzen. Das war bei großen Ideen schon immer so. Je neuer sie waren, je emotionaler sie vermittelt wurden, desto kräftiger setzten sich die Begeisterten dafür ein. Es ist der Schwung der Euphorie, der vor allem junge Männer einfängt, mitnimmt und: verschürt.

Gehalt muss eine Sache gar nicht unbedingt haben. Es ist egal, ob links oder rechts, ökologisch oder ökonomisch. Wenn eine Masse nichtdenkenden Mobs animiert wurde, ist das Gejohle laut, das Gehirn aus und die Kampfbereitschaft hoch. Zu beobachten ist es bei Geschichtsrückblicken auf Revolutionen, auf Kriegsausbrüche, auf Führerreden oder Demonstrationen. Immer wieder kehrt das Phänomen der gleichgelenkten Massen. Intelligente junge Menschen schreien „Heil“, schwenken Hirnlos die Vaterlandsfahne und lassen sich zu Hassgesängen auf Gegner hinreißen. Die nächste Fußball-Weltmeisterschaft wird gleiches zeigen.

Große Ideen, die den Schwung der Massenbegeisterung behalten können und langwierige, verbissene Kämpfer hervorbringen, bringen mitunter Märtyrer hervor. Märtyrer nicht im Zuge des ersten dummen Aufschreiens der Masse. Märtyrer stehen auf im Kampf um die ideologische Hoheit. Fußballvereine haben ihre Märtyrer unter den prügelnden Anhängern ebenso wie politische Richtungen. Es sind oft Menschen, die, weit ab von mitlaufenden Mengen, gegen eine andere Masse anlaufen und dabei zertrampelt werden. Ein junger Faschist, der im Arbeiterviertel für seine nationalsozialistische Sache wirbt, wird vom roten Mob getötet. Eine Anfängerlegende des nationalsozialistischen Deutschlands, verfilmt als „Hitlerjunge Quex“. Ein harmloser Student, unbewaffnet, wird von durch Boulevardzeitungen aufgehetzten Polizisten erschossen. Benno Ohnesorg gilt als Märtyrer der linken Studentenbewegungen der Bundesrepublik.

Das Sterben für die Sache ist unter den Hitzköpfen der anfänglichen Massenbewegungen noch eher erwünscht als unter den stillen Einzelkämpfern der Verteidigungszeit. Welcher überschießende Euphoriker würde nicht, von solcher Begeisterung bewegt, auch lachenden Auges und sabbernden Mundes in eine Selbstschussanlage rennen? Die Opferbereitschaft aufgebrachter Demonstranten grenzt bisweilen an Todeslust, sieht und hört man Berichte zum Ersten Mai, zu Atommülltransporten oder Neonazi-Aufmärschen.

Konsequenter wäre das Einfleischen der Anhänger doch, sie würden ihre Sterbebereitschaft erst nach langjährigen Dafürstehens und –kämpfens beschließen. Und nicht am Anfang fiebrig kämpfend, erhobener Fahne in die Maschinengewehrsalven rasen, noch ehe die Idee in ihren Hitzköpfen auf Verstehen gestoßen ist. Das ist eine ironische Sache, aus der sich manch politischer Gehalt ziehen ließe und auch schon gezogen wurde. Sind wir bisweilen erst einmal begeistert über diese große Idee, die hinter der Beobachtung steckt. Rennen wir aber noch nicht in den Tod. Schließlich ist noch an einer Umsetzung zu grübeln.

Uli in Gesellschaft am 08.05.2010 um 22.19 Uhr

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