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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
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Der Dackel Dierk
Vor einer pulsierenden Gaseinzelofen in einer Küche im dritten Stock liegt Dierk mit durchhängendem Bauch auf seinem Flickenteppich. Er hat seine Schnauze auf eine graue Pantoffel gebettet. Seine Schlappohren hat er ganz eng an den Kopf gezogen, denn ein wummerndes Dröhnen dringt von der offenstehenden Wohnzimmertüre her. Letzte Woche musste er das Ding, das jetzt wummert, in einem schrecklichen Kaufhaus mit Rolltreppe holen. Rolltreppen waren furchtbar. Bei Magda musste er nie Rolltreppe gehen.
Bei Magda war überhaupt alles besser. Sie hatte nur ein summendes Radio in der Küche gehabt. Sie war dann immer am Küchentisch gesessen, und er lag auf seinem Flickenteppich und ließ sich ab und an zwischen den Ohren kraulen.
Aber Magda war vor ein paar Wochen einfach nicht mehr zum Gassigehen aufgestanden. Und dann kamen zwei Männer und trugen sie in einer Kiste weg. Die zwei Männer rochen ganz komisch. Allein deshalb hatte Dierk sie von Anfang an nicht leiden können und sie angebellt, schon als er sie von draußen die Treppe hochkommen hörte. Er war sogar knurrend an einem Hosenbein hochgesprungen. Aber dann hatte ihn Larissa, die kurz darauf bei ihm in die Wohnung einzog, heimtückisch mit einem Leckerli in die Küche gelockt, sodass er seine Magda nicht mehr vor den Männern bewachen konnte. Wie konnte das denn passieren? Dierk wusste genau, wie das passieren konnte und seine Lefzen zuckten verräterisch, als er sich an den Geschmack des Hundekekses erinnerte. Deshalb war sein schlechtes Gewissen umso größer und er hatte seitdem auch kaum noch was gegessen.
Es war ja nicht so, dass er Larissa grundsätzlich nicht mochte. Schließlich kannte er sie schon von Anfang an. Damals als er noch bei seiner Dackelmama war und die anderen Dackelkinder – jetzt bloß nicht sentimental werden! – damals also, als er als Jagdhund bei Magda eingestellt wurde, war Magdas Enkelin Larissa dabei. Und weil Larissa mal ein Meerschweinchen gehabt hatte und weil Meerschweinchen nicht so lange leben und weil das Meerschweinchen deshalb da schon gestorben war, hatte man Dierk den Namen Dierk vererbt. Das Meerschweinchen hatte nämlich auch Dierk geheißen. Dierk war nicht besonders stolz auf diese Geschichte. Wer will schon nach einem Meerschweinchen benannt werden! Und das noch als Jagdhund! Gut, dass das die andern im Viertel nicht wussten. Die machten sich sowieso schon immer lustig. Dierk war nämlich ein Kurzhaardackel. Die anderen waren Rauhaardackel und bellten immer wie die ganz Harten. Deswegen pinkelte Dierk denen auch immer besonders gerne an die Ecke.
Aber was er an Larissa eben nicht mochte, war, dass sie nicht verhindert hatte, dass man Magda abholt. Nein, das hatte sie nicht! Und sie hatte ihn, Dierk, auch noch hinters Licht geführt, wo sie genau wusste, wie gerne er Leckerlis mochte. Das war nicht in Ordnung, fand Dierk und knautschte seine Pantoffel. Die war noch von Magda. Die hatten sie ihm nicht wegnehmen können. Er hatte sie verteidigt und unter der Kommode versteckt. Die Kommode war wohl sowas wie Dierk. Ein Erbstück. Deshalb durfte die dann auch bleiben, als Larissa einzog. Obwohl die ganz viel neue Sachen mitgebracht hatte. Auch so ein Hundebett im Schlafzimmer. Das war eigentlich ganz bequem. Aber Dierk wollte das nicht zugeben und deshalb lag er immer noch auf seinem alten Flickenteppich vor der pulsierenden Gasheizung in der Küche.
Was Larissa auch noch mitgebracht hatte, war der Schnösel. Es gibt drei Gründe, weshalb Dackel einen Menschen nicht leiden können, wusste Dierk. Der erste Grund: Der Mensch hat den Dackel geärgert. Der andere Grund: Der Dackel kann den Menschen nicht riechen. Und so war das bei Henning. Es hatte von Anfang an einfach nicht gepasst. Und Henning trug nicht unbedingt zum Verhältnis bei, indem er jeden Morgen am Waschbecken stand und sich einnebelte – während Dierk darauf wartete, dass jemand mit ihm vor die Tür ging.
Uli und sophie in Literatur am 24.12.2018 um 17.16 Uhr
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