Zur Startseite Eck.Dose

Der Blog des Goldseelchen-Verlags
für Tagfalter und Nachtdenker

Der Blog des Goldseelchen-Verlags

Reichspogromnacht: Gedanken nach dem Gedenken

Wie ließe sich ein „Nie wieder“ umsetzen?


Für eine größere Ansicht anklicken.
Bild: sophie
 (© Eckdose)

Des 80. Jahrestags der Reichspogromnacht gedachten vor gut einer Woche etliche Menschen in und um Synagogen – Personen aus der jüdischen Religionsgemeinschaft, Politikerinnen und Politiker und weitere, die ihre Solidarität bekunden wollten. Auch in der Stuttgarter Synagoge in der Hospitalstraße trafen am 9. November Menschen zu einer Gedenkveranstaltung zusammen.

Gemeinsam war den Rednern die Forderung oder Hoffnung, dass sich staatlich geplante Verfolgungen und Ermordungen nie wieder wiederholen dürften. Auch stimmten sie überein, dass die Präsenz von Politikern mit offen rassistischen und unterschwellig antisemitischen Gedanken in den Parlamenten eine bedrohliche Entwicklung sei. Gefährlicherweise reduzierten die redenden Politiker die neue Bedrohung für Minderheiten in Deutschland auf einfache Formeln.

Die erste Formel ist die Gefahr der Gesinnung. Für die beiden Politiker aus baden-württembergischen Regierungsparteien stellte sich die Front als Achse „Ihr – Wir – Die“ dar: Ihr Minderheiten seid bedroht, aber gehört zur Gesellschaft. Wir als demokratische Parteien in Stadtrat und Landesregierung stehen mehrheitlich hinter Euch. Die aus der verfassungsfeindlichen rassistischen Partei sind gegen Euch.

Die zweite Formel ist eine Art Aktionismus der Exekutive. Der Innenminister lobte sein Ministerium selbst, weil den Synagogen des Landes kostenlose Polizeiberatung für mehr Sicherheit zukommt. Auf Wunsch könnten die Gemeinden auch Polizeischutz für diverse Veranstaltungen erhalten. Schlimm ist es, dass überhaupt nur unter staatlichen Schutzmaßnahmen offenes jüdisches Leben in Deutschland möglich ist. Merkt jemand etwas?

In einigen Redebeiträgen wurde deutlich, dass mit der Wählbarkeit sich rassistisch äußernder Personen auch die Sagbarkeit menschenverachtender Parolen gekommen sei. Zugenommen hätten nicht Rassismus und Antisemitismus in der Bevölkerung, sondern deren Anerkennung. Und genau darin liegt die Gefahr der einfachen Formeln: Nicht durch das Bekämpfen und Zurückdrängen der rechtspopulistischen vermeintlichen Alternative in den politischen Gremien werden Minderheiten geschützt und Angriffe eingedämmt. Wer die selbsterklärte politische Paria beschimpft, macht sie nur stärker.

Artikel-Seite:
12

Uli in Gesellschaft am 18.11.2018 um 13.59 Uhr

Werkzeuge:  |  

Auch ansehen:

Kommentar verfassen

 

Damit wir auch wissen, dass Du ein Mensch bist, musst Du unten in das Feld „Sicherheits-Code“ bitte noch die Buchstaben oder Zahlen aus dem Bild links abtippen.

Die Felder mit * sind verpflichtend.

Datenschutz-Hinweis: Alle Daten, die in dieses Formular eingetragen werden, können auf dieser Seite als Einträge angezeigt werden. Zusätzlich werden IP-Adresse und Zeitpunkt der Übermittlung in einer Datenbank gespeichert, um im Falle strafrechtlich relevanter Eintragungen die Herkunft nachweisen zu können.