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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
Heute Morgen um 3 Uhr war es soweit. Wir durften die Uhren eine Stunde zurückdrehen und eine Stunde länger schlafen. Damit können wir für kurze Zeit den Sommer, zumindest morgenlichtmäßig, noch eine weitere Runde in die Verlängerung schicken. In kaum einem Jahr wurde um die Zeitumstellung so viel diskutiert wie in diesem.
Die Diskussion um die Zeit: Wir machen, was die Leute wollen.
Die EU rief zur unverbindlichen Abstimmung über Sommer- und Winterzeit auf und im medialen Sommerloch – wir erinnern uns – wurde spekuliert, ob wir bald die ewige Sommerzeit haben werden (wahlweise die ewige Winterzeit). Jean-Claude Junckers Statement klang am vorläufigen Ende etwa so: „Wenn die Leute das so wollen, dann machen wir das.“
Was hat das mit uns zu tun? Im Alltag natürlich jede Menge. Die Uhrzeit bestimmt, wann wir aufstehen, uns zur Arbeit aufmachen. Weil die Uhrzeit das auch für alle andere Menschen macht, sitzen wir in vollen U- und S-Bahnen oder stehen im Stau. Ich meine aber die Diskussion um die Zeit hat mit uns noch sehr viel mehr zu tun. Mit „uns“ meine ich den Menschen an sich.
Die anthropologische Dimension: Der Mensch ist kulturschaffendes Wesen.
Der Mensch als sogenanntes kulturschaffendes Wesen hat es so an sich, Natur in Kultur zu verwandeln. Er legt nicht nur Städte an, sondern auch Felder. Er geht nicht mehr in den Wald, um Wildschweine zu jagen, sondern hat Massenbetriebe für Zuchtschweine. Kürzlich war das Erntedankfest. Dabei war unter anderem die aktuelle Version zum Erntedank zu lesen: „Danke, dass ich im Supermarkt immer auf volle Regale stoße und einkaufen kann.“
Natürlich macht es einen Unterschied, ob ich selbst noch meine drei Hennen im Vorgarten habe oder in den Supermarkt gehe. Ich habe keine direkte Verbindung zum Huhn mehr. Ganz generell lässt sich sagen: Unsere unmittelbare Verbindung zur Natur tritt immer mehr zurück. Wir hier sind in den allermeisten Fällen nicht mehr in der Situation, Wind und Wetter schutzlos ausgeliefert zu sein. Hunger oder Dürre kennen wir vielleicht von Erzählungen der Großeltern, ansonsten nur von Spendenaufrufen für anderswo. Von der Ernte bekommen viele Menschen in Deutschland dieses Jahr kaum mehr mit, als dass die Äpfel im Supermarkt bedeutend billiger zu haben sind als im letzten.
Die existenzielle Bedeutung: Der Mensch trifft auf Grenzen.
Der Mensch macht sich gefühlt immer unabhängiger von der Natur. Biblisch gesprochen, macht er sie sich untertan. Es macht den Eindruck, als fühle der Mensch sich damit auch besonders wohl, ja geradezu gestört, wenn irgendetwas ihn darauf aufmerksam macht, dass er trotz aller Kultur, trotz allen Fortschritts doch nicht alles in der Hand hat. Ein Beispiel dafür sind die uralten Bemühungen, die Grenze des Lebens aufzuheben. Letztlich steht doch immer die Erkenntnis, dass der Mensch sich zwar ausdehnen kann – räumlich und zeitlich – aber niemals die Begrenztheit selbst aufheben kann.
Man kann nicht alles machen, was die Leute wollen. Ob man sich nun auf die ewige Sommerzeit oder die ewige Winterzeit einigen wird oder alles lässt wie es ist – die Zeit selbst hat der Mensch nicht in den Händen. Er wird weiterhin einen Tagesrhythmus von 24 Stunden haben, ohne sich diesen Rhythmus selbst ausgedacht zu haben. Er wird weiterhin damit rechnen müssen, dass es Dunkelheit und Licht gibt. Auch wenn er morgens um sieben, wenn es draußen noch dunkel ist, die Lampen anknipsen wird, wird er wissen, dass eine Glühbirne niemals dasselbe ist wie die Sonne.
⇒ Zum Menschen als kulturschaffendes Wesen in Demut vor Gott vgl. Psalm 8
sophie in st.eckdose am 28.10.2018 um 10.24 Uhr
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