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Das Gebet als Werbung?

Vaterunser


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Bild: sophie
 (© Eckdose)

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Das Vaterunser ist damit nicht vergleichbar. Das Vaterunser haben nicht Menschen der Kirchengeschichte ersonnen und perfektioniert. Das Vaterunser finden wir in der Bibel, eingeleitet mit den Worten Jesu, mitten in seiner Bergpredigt, Matthäus 6:

»Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt.«

Ein junger Mann erzählte mir mal, er störe sich besonders daran, dass bei uns in der Landeskirche das Vaterunser eine so wichtige Rolle spiele. Für ihn war es ein steifer Text, der nicht die persönliche Beziehung zu Gott, das persönliche Reden zu ihm ausdrückt.

Wir kamen ins Gespräch. Ich habe ihm erzählt, dass ich ihn verstehen kann, dass ich selbst andere Erfahrungen gemacht habe. Ich habe von Menschen und Situationen erzählt, in denen Worte fehlen. In denen ist man gar nicht mehr in der Lage, Gebetsworte zu finden. Weil man z.B. wie heimatlos geworden ist, weil ein Mensch plötzlich gestorben ist. Weil man in einer tiefen Krise steckt. Weil Gott so weit weg gefühlt wird, dass er gar nicht als Person wahrgenommen wird, die man persönlich anreden könnte. Das Vaterunser ist kein Bekenntnistext. Es ist gar kein Text. Es ist Heimat, in die man sich fallen lassen kann. Die Worte tragen hindurch und sie tragen weiter. Sie versichern, dass die Beziehung zu Gott, zum Vater, nicht abgebrochen ist. Sie schließen mit der Gewissheit, dass Gott alles in Händen hält, Welt und Ewigkeit und auch mich.

Wenn man das Vaterunser verinnerlicht hat, kann man seine befreiende Wirkung spüren. Das heißt nicht, dass man nicht darüber kritisch nachdenken dürfte, aber es heißt, dass man sich damit darum bringt, sich in die Worte fallen lassen zu können.

Der junge Mann jedenfalls meinte am Gesprächsende, er wolle es jetzt doch auch mal versuchen mit dem steifen Text, so habe er es noch nicht gesehen. Und ich selbst erinnere mich auch immer wieder daran, z.B. wenn mich etwas ärgert. Da denke ich mir manchmal: „Bevor ich mich jetzt aufrege, bete ich lieber das Vaterunser.“ – Hinterher bin ich gelassener.

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sophie in Medien am 02.09.2018 um 09.39 Uhr

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