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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
Und was bedeutet denn „besinnlich“?
Auch wenn manche Säkularen das Weihnachtsfest wahlweise als „Familienfeier“ oder „Fest der Liebe“ fehlinterpretieren, besteht doch gesellschaftlich Einigkeit darüber, dass das Hochfest der Geburt des Herrn bzw. das Christfest eines ist: Zielpunkt der Jahreszeit mit dem höchsten Kassenumsatz im Einzelhandel.
Buchhandlungen stellen die Regale mit Kitsch voll und tapezieren Zitate an die Wände, mit denen das Konsumlob intellektuell verdeckt sein möchte. „Ach wäre doch jeden Tag Weihnachten“, wünscht sich da eine Figur Thomas Manns aus den Buddenbrooks. Vollkommen ohne Worte treten dagegen die Tempel der Konsumreligion als Botschafter für die Entweihnachtung auf: Tannenbäumchen, Lichterketten und die Firmenschilder sagen, wo es lang geht und worauf es angeblich ankommen soll.
An Heilig Abend herrscht Stille Nacht
Dass das Konzept gut ankommt, zumindest viele Menschen die Stätten trotz Überfüllung auch in der Adventszeit aufsuchen, weiß jeder, der aus Versehen schon mal an einem Adventssamsag Einkaufszentren aufsuchte. Oder noch schlimmer: am 23. Dezember Einkaufszentren aufsuchte. Was beispielsweise die adventlich zugestopfte „Outlet-City Metzingen“ dann am Zieltag der Konsumzeit, am 24. Dezember abends macht, zeigen die Bilder dieses Artikels: frostige Leere und absurd wirkende Beleuchtungen, die um diese Zeit im vergangenen Jahr nur noch die Fotografierenden anlockte. An Heilig Abend herrscht Stille Nacht. Im Konsumtempel.
Eine besinnliche Zeit
Nicht alle Geschäfte sind so emsig dekoriert worden, wie es die Bilder aus Metzingen zeigen. Doch ganz um den Advent herum kommen auch Tankstellen nicht. An einer Kasse hing gestern tatsächlich ein Schild mit der Aufschrift: „Wir wünschen Ihnen frohe Weihnachten und eine besinnliche Zeit“.
Besinnlich? Auf was soll ich mich besinnen? Auf die günstigen Spritpreise? Also besser jetzt volltanken als nach Weihnachten? Oder soll ich mich über die drei Tage dessen besinnen, dass Aral von 129,9 Euro pro Liter Superbenzin angeblich nur zwei Cent Gewinn bleiben?
Mir will der Sinn der besinnlichen Zeit nicht so ganz kommen.
Als ich darüber so sinnierte, kam mir der Einfall, dass vor allem die säkular, also nicht religiös formulierten Weihnachtswünsche vom Besinnen erzählen. Eine „besinnliche Zeit“ also von denen, die „gesegnet“ meinen, denen aber offensichtlich zu peinlich ist, mit Gott zu rechnen und dazu zu stehen? Sozusagen die Ramelows unter den Weihnachtswünschern?
Wahrscheinlich aber ist das zu viel interpretiert. Von der „besinnlichen Zeit“ wird nur anlässlich des falsch verstandenen Hochfests der Geburt des Herrn geschwafelt. Kein Mensch wünscht „besinnliche Ostern“, „besinnliche Pfingsten“ oder „einen besinnlichen ersten Mai“! Vielmehr fühlen sich viele Menschen an Weihnachten doch noch ein bisschen besonders, haben nach den Einkäufen und den Putzstunden einen kurzen Anfall der Sentimentalität. Im unbedachten Moment wünschen sie statt „erholsamer Tage“ oder der „entspannten Zeit“ die sinnfreie „besinnliche Zeit“.
Abschließend wünschen wir allen Leserinnen und Lesern ein gesegnetes Fest der Geburt unseres Herrn und Gottes, echte Begegnungen mit Menschen und eine spürbare Begegnung mit dem Mensch Gewordenen.
Uli in Gesellschaft am 24.12.2014 um 16.24 Uhr
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