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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
Das Weinturm Festival gibt es schon 30 Jahre lang, und vor einigen Tagen hatte ich beschlossen es auch einmal zu besuchen. Um ehrlich zu sein ich war äußerst skeptisch und bei meiner Ankunft davon überzeugt, dass das doch alles ein bisschen wenig ist, was die hier zu bieten haben.
Weit gefehlt, denn was ich in den nächsten Tagen erleben würde, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst.
Nachdem die pinken Eintrittsbändchen verteilt waren und man sich schon die erste Ration Ravioli auf dem Gaskocher zubereitet hatte, ging es dann los. Selten rockt bereits der Eröffnungsact so, wie „12 hours gone“, die mit ihrem „melodischen Punkrock á la Blink 182“ das Publikum total vom Hocker rissen. Der Wahnsinn war, dass das vom Veranstalter eigens ausgesuchte Programm keineswegs an Qualität verlor, denn die folgenden Shows, wie von den herzogenaurachern Skapunkrockern „Ragin’ Diarrhea“, als auch die dänischen „the broken beats“, deren Songs sich irgendwo zwischen Rock, Country, Pop, Folk und Soul einzuordnen versuchen, ließen keine Wünsche offen. Etwas bekannter wurden die Gruppen, die den Abend ausklingen ließen, denn mit den „Busters“ und „Karamelo Santo“ wurde in die Nacht getanzt und, um nun noch etwas ehrlicher zu sein, eine solch ungeniert, hemmungslos wilde Tanzfläche sieht man sonst wohl eher nicht. Zwar endete damit das ausnahmslos überzeugende musikalische Programm des ersten Festivaltages, der Stimmung auf dem Gelände tat das allerdings keinen Abbruch und nach einer hervorragenden Nacht lag auch ich irgendwann tatsächlich in meinem Schlafsack.
Viel zu früh von der Schwüle im meinem Zelt geweckt plagte ich mich schließlich in Richtung kalte Ravioli mit Röstzwiebeln. Nachdem der halbe Vormittag verschlafen auf Campinghockern verbracht wurde, suchten die Besucher des Festivals nun wieder die Nähe der Bühne. Ich persönlich freute mich sehr darüber, dass wiedereinmal schon die erste Band des Tages voll meinem Musikgeschmack entsprach. „Parklife“ hießen die vier Nürnberger, deren Melodien meine trägen Glieder irgendwann sogar zum tanzen bewegten, und das alles obwohl einer von ihnen wegen einer Erkrankung gar nicht dabei sein konnte. Spätestens „uprisin’“ schafften es dann tatsächlich, dass ich und der Rest des Publikums wieder ganz Ohr waren. Reggae, vermischt mit viel Dancehall, perfekt nachmittags um zwei! Die Band „Yucca“ trat leider nicht auf, dafür konnte man länger den Countryrockern „smokestack lightnin’“ lauschen, deren Musik vor allem während langen Autofahrten die Stimmung versüßen würde. Es folgte die Indierockgruppe „Bettie serveert“, die zwar in den höchsten Tönen gelobt wurden, allerdings nur wenige Gäste zum feiern bewegten. „Raggabund“ und „Sorgente“ schafften es da schon eher mit ihren energischen Rhythmen und genialen Stilmischungen aus Reggae, Latin, HipHop, Dancehall Funk, Soul und Rock eine tanzende Meute vor die Bühne zu locken, um sie dort circa 2 Stunden bis zur völligen Erschöpfung feiern zu lassen, weswegen sich viele von ihnen auf den Zeltplatz begaben um sich dort auszuruhen. Auch ich landete danach dort. lauschte von „Weiten“ den Auftritten von „Slut“ und „Polarkreis 18“ und genoss dabei den Sternenhimmel, viel wieder kaltgewordenes Bier sowie die Zeit mit meinen alten und neuen Freunden.
Sonntag - wieder scheint die Sonne und ein wunderschöner Tag wartet auf uns Festivalbesucher. Zwar kann mich der musikalische Start des heutigen Tages nicht ganz überzeugen, allerdings bevorzuge ich im Moment sowieso die Hängematte im Schatten, die unsere Nachbarn erfreulicherweise als Allgemeingut erklärt haben. Und während ich dann mein Hab und Gut schon einmal langsam in den Kofferraum verlade höre ich aus der Ferne die Melodien der „Tanzkinder“, die sogar die mühselige Schlepperei erträglich machen. Sommerliche Leichtigkeit und der Drang zu tanzen brachten der Band schon wesentliche Erfolge ein und dem begeisterten Publikum gute Laune bei strahlendem Sonnenschein. Das neue Projekt des Weinturm – Mitbegründers Robert Hofmann, „Die Söhne Windsheims“, gaben darauf ihre Melodien – eine Mischung aus Rock, Grunge, Jazz und Oriental – zum Besten. Wer die Musik von „Babylon Circus“ kennt und liebt, wäre danach bei den „great bertholinis“ wahrscheinlich vor Freude in die Luft gesprungen, denn ihr Stil, bestehend aus viel Folklore, Polka und Country erinnerte schon sehr daran. „Musik machen, die weder Hautfarben, noch Genres oder ideologische und religiöse Begrenzungen kennt“, ist das Ziel von „Jahcoustix & the dubios neighbourhood“, die es tatsächlich schafften ein bunt gemischtes Publikum dazuzubringen, in der sengenden Hitze zu tanzen – kühlender Gartenschlauchregen inklusive.
Der Höhepunkt meiner Zeit auf dem zierlichen Festival sollte allerdings erst noch kommen. Die französische Band „10 rue d’la Madeleine“ vernichtete all meine Zweifel über die Qualität des Weinturms und über dass, was es zu bieten hat. Als Geheimtipp der französischen Alternative – Rock – Szene wurden sie in den Programmheften deklariert und als ich nach einer Stunde in der tobenden Menge den Weg zum Merchandisestand antrat bemerkte ich, dass nicht nur ich von den Jungs mit ihrer gnadenlos einzigartigen Mischung, aus harten energischen Rock und liebevollen Stücken überzeugt und begeistert war, sondern anscheinend mit mir das gesamte Publikum.
Um den Abend mit einem klassischen, dennoch imposanten Live – Spektakel zu beenden betrat die US - amerikanische Kultband „Tito und Tarantula“ die Bühne. Es sollte wohl bekannt sein, dass der Stil der Band einzigartig und mitreißend ist. Das Publikum auf dem Weinturm war sich offensichtlich dessen bewusst, denn wie es sich für den letzten Act eines Festivals gehört, gaben sowohl Band, als auch Publikum noch einmal alles.
Aber nicht nur spät in der Nacht und vor der „großen“ Bühne sprühte es vor Begeisterung und Spass. Die Besucher des Kinderprogramms ließen sich von Kabarett, Mitmachmusik, Zaubertricks, Stelzenmännern sowie Feuershows mitreißen und die Artisten der Kleinturmbühne überzeugten sowohl das junge, wie das etwas ältere Publikum mit ihren urkomischen Charme und einfallsreichen Ideen.
Um das Weinturm noch imposanter zu gestalten, fehlte es natürlich auch nicht an Jubiläumsaktionen: Preise wie vor 30 Jahren, ein Fackeltanz zu rhythmischen Klängen, Weinturm Buttons, ein riesiges Bungee – Trampolin, dessen Benutzung umsonst und für Jeden zugänglich war und vieles, vieles mehr..... Einzigartig und Hervorzuheben ist sicherlich auch die Absicht ein Wochenende lang zu feiern und sich dabei keinen Alkohol- und Drogenexzessen hinzugeben. Das Motto: „Gib dir die Bands und nicht die Kante“, klingt zwar etwas abgedroschen, ist meiner Meinung nach aber der Schlüssel zum Erfolg, der 30- jährigen Geschichte eines Festivals, dass sich treu bleibt und auf Qualität setzt, sowohl bei den Bands, als auch bei den Preisen, sowie bei seinen Besuchern. So ermöglichten reichliche Aufklärungsstände sich Informationen zu holen und gaben die Chance sein Wissen zu testen.
Und man mag es kaum glauben, aber das Weinturm blieb ein Festival ohne Alkohol- oder Drogenexzessen im familiären, extravaganten Rahmen, das man sämtlichen Musik-, Frischluft- und Tanzfreaks nur empfehlen kann! Mich hat’s überzeugt!
KnuschbiSchnitzel in MAT: Events am 08.08.2007 um 13.37 Uhr
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