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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
Willkommen bei der Mittelalter-Justiz
Eine Frau hatte in den Vereinigten Staaten von Amerika einen Bus rechts überholt. Einen Schulbus. Indem sie über den Gehweg gefahren ist. Das ist eigentlich ziemlich dumm. Es würde, streng genommen, auch nur ein Idiot* tun.
Hierzulande lernt ein Fahrschüler, dass generell nur links zu überholen ist. An Bussen darf nur in Schrittgeschwindigkeit vorbei gefahren werden. Und an Bussen mit Warnblinker am besten gar nicht. Busse, die stehen bleiben, lassen Menschen aus- und einsteigen. Das sind Fußgänger. Fahrende Autos sind für sie gefährlich.
Die Frau, die sich in den USA nicht an die Regeln gehalten hatte, wurde bei ihrer Aktion gefilmt. Sie kam vor Gericht und muss nun einen Monat ihren Führerschein abgeben. Und sie muss 250 Dollar Strafe zahlen.
Für die eigentliche Hauptstrafe waren die Richter ganz kreativ: Man hat der Frau auferlegt, ein paar Stunden auf dem Gehweg zu stehen und ein Schild hochzuhalten, auf dem auf englisch steht: „Nur ein Idiot würde auf dem Gehsteig einen Schulbus überholen“.
Früher hieß sowas Pranger und die Menschen fanden es geil, auf denjenigen zu zeigen, der an den Pranger gestellt ist.
Prangerstrafen kennen wir aus Ländern, in denen ein Regime Teile der Bevölkerung unterdrückt oder schikaniert. Wir erinnern uns an „Blutschänder“ in Nazi-Deutschland. Konvertiten in Talibangebiet. Gefangene der RAF. Menschen mit der falschen Volkszugehörigkeit während der Jugoslawienkriege.
Es ist dumm, ohne Zweifel, einen Schulbus rechts zu überholen. Auf dem Gehweg.
Sollte die Justiz nicht eher dafür sorgen, dass man als mündiger Bürger aus seinen Fehlern lernt? Dass man denkt, während man handelt? Und nicht einfach nur reflexartig das nicht mehr tut, was peinliche Strafen nach sich zieht?
In Deutschland sind Prangerstrafen abgeschafft. Zum Glück.
(*Idiot, griechisch für jemanden, der sich nur für das interessiert, was ihn selbst betrifft.)
Uli in Gesellschaft am 14.11.2012 um 09.24 Uhr
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