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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
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Veganismus als religiöses Phänomen

Ein guter Mensch


Woran erkennt man Veganer? Hauptsächlich daran, dass sie immer wieder erzählen, dass sie Veganer sind. Das behauptet zumindest ein Kreisdiagramm auf dem Graphitti-Blog. Zwar sind die Werte nicht überprüft, doch sprechen die Kommentare dem Diagramm Wahrheit aus persönlicher Erfahrung zu.

Dass jemand immer wieder von seinen Überzeugungen und seiner Lebensweise spricht, kennt man sonst eher von unsicheren Personen. Sie suchen Zustimmung durch Gleichgesinnte. Wenn es viele verschiedene Lebensweisen gibt, wird infrage gestellt, ob die eine Lebensweise auch die einzig richtige ist. Oder, ob sie überhaupt richtig ist.

Nicht alle Veganer erzählen permanent von ihrem veganen Lebensstil. Es gibt auch Menschen, die das tun, was sie für richtig halten, ohne darüber reden zu müssen. Man merkt sich jedoch eher die Menschen, die auffallen. Das sind meist die, die auffallen möchten.

Lebensweise und Überzeugung

Zu jeder Lebensweise gehört die Überzeugung, dass sie richtig ist. Fehlt diese Überzeugung, fühlt sich der Mensch gespalten. Überzeugung und Ausdruck stimmen dann nicht überein.

Versteht sich ein Veganer als areligiös in dem Sinne, dass er sich keiner Religion zuordnet, ist es ihm nicht möglich, Bestätigung im Glauben zu empfinden. Bestätigung kann er nur durch Andere und durch sich selbst finden. Es ist ein schwieriger und langwieriger Prozess, sich selbst anzuerkennen. Viele Menschen werden im Leben damit nicht fertig. Darum ist die schnellste Anerkennung die durch Mitmenschen. Wenn die eigene Lebensweise für gut befunden wird, ist man schneller überzeugt davon, dass sie richtig ist. Trifft man dagegen auf andersartige Lebensweisen, werden die Überzeugungen infrage gestellt.

Ein Lebensstil festigt sich

In dieser Begegnung mit der Umwelt werden Identität und Überzeugungen gefestigt. Wenn sie nicht aufgegeben werden. Das achtjährige Kind bringt vielleicht noch nicht die Energie auf, gegen ihre Eltern durchzusetzen, dass es kein Fleisch essen möchte. Die Überzeugung ist zu schwach. Doch fünf Jahre später verweigert es nicht nur alles, was nach Tier aussieht und nach Wurst schmeckt. Es hat sich auch noch informiert, was Fleischkonsum für den menschlichen Organismus bedeutet. Es begründet seine Lebensweise. Es rechtfertigt sich – und gewinnt Überzeugungskraft.

Gleichgesinnte werden als bessere Menschen erlebt

Weitere Jahre später hat die junge Person andere Menschen, die auf Fleisch verzichten, kennen gelernt. Sie weiß, dass sie nicht alleine ist. Sie fühlt sich gestärkt.

Ablehnung hat sie von denen erfahren, die ihr anfangs nicht erlaubt haben, das Fleisch aus dem Eintopf zu picken. Ablehnung kennt sie von denen, die genüsslich in das Lammmedaillon bissen, als sie gerade von den Zuständen in der Tierhaltung erzählt hatte. Ablehnung kam von überall – Hohn, Spott, Anfeindungen. Zustimmung und Unterstützung gab es allein von Vegetariern und solchen Veganern, die Vegetarismus als Vorstufe betrachten.

Sie hat Veganer als bessere Menschen erlebt, weil sie auf offene Ohren und Verständnis gestoßen ist. Sie möchte so werden, wie die Veganer sind. Ganz logisch erscheint ihr:

Ein guter Mensch ist, wer Tieren kein Leid zumutet und sie nicht nutzt.

Weil vor ihr schon etliche den Weg zum Veganer gegangen sind, bräuchte unsere Beispielperson nicht einmal selbst denken. Sie übernimmt die Verhaltensweisen der Vorbildgruppe. Sie schließt sich den Gewohnheiten an und macht sie zu ihren eigenen.

Das Eintrittsritual und die Gurus

Vegan leben heißt: Verzicht auf alles, was vom Tier kommt. Lederschuhe, Pelze und Wollpullover passen plötzlich nicht mehr zum Lebenskonzept. Die vegane Person trennt sich von ihnen, indem sie sie verkauft oder verschenkt. Ein Eintrittsritual. Aus der Überzeugung wird eine Religion.

Aus kulturwissenschaftlicher Sicht ist ein Phänomen eine Religion, wenn Lebensweise und Überzeugung sich wechselseitig beeinflussen. Doch nicht nur die Überzeugungen sind es, die Veganismus als religionsähnliche Subkultur erscheinen lassen. Der Passageritus – man beginnt sein neues Leben als Veganer bewusst – deutet Ernährung und Bekleidung kultisch um. Dabei ändert sich weder der Mensch an sich noch seine stoffliche Beschaffenheit.

Gurus haben vegane Gruppen auch. Wer Guru wird, bestimmt keine zentrale Einrichtung. Doch Meinungsführer gibt es, Menschen, die mit ihrer Lebensweise viele andere beeindrucken und daher beeinflussen. Was sie sagen, ist für ihre Anhänger mehr Wert, als was andere sagen.

Abgrenzung der Gruppe

Abgelehnt werden Omnivore. Das ist eigentlich ein zoologischer Begriff. Mit den „Allesfressern“ bezeichnen Veganer all jene, die Fleisch essen.

Die gesinnungsähnlichen Vegetarier befinden sich in einer Vorstufe, einer Art veganen Novizentum. Sie werden wie Halb-Bekehrte betrachtet. Solange sie noch nicht das Gelübde abgelegt haben, nie wieder Dinge von einem Tier zu nutzen, können sie den Verzicht ausprobieren.

Radikalisierung

Ultraorthodoxe unter den Veganern unterscheiden nicht zwischen Vegetariern und Omnivoren. Für sie ist alles Mord, von der Hähnchenkeule aus der Batteriehaltung bis zum unbefruchteten Ei aus dem eigenen Hühnergarten. Die Masse der Veganer lehnt diese verurteilende Haltung „Vegetarier sind Mörder“ ab. Schließlich ist gerade die Tatsache, dass ein Vegetarier in der omnivoren Masse auf Ablehnung stößt, dagegen von anderen Vegetariern und Veganern Zustimmung erntet, der Grund, warum ein Vegetarier zum letzten Schritt bereit ist. Wer auf Ablehnung stößt, fühlt sich dagegen weniger willkommen.

Die Ethik

Auch wenn für viele Veganer zur bewussten Lebensführung dazugehört, sich Gedanken über die Mitwelt und Umwelt zu machen, zählt und genügt der breiten Masse nur das eine Gebot. Wer weder tierische Lebensmittel, noch unmittelbar aus oder von Tieren erzeugte Produkte konsumiert, ist ein guter Mensch, ein richtiger Veganer.

Das kann zu absurden Konstellationen führen, dass Tiere eingesperrt als Haustiere gehalten werden. Oder dass geleugnet wird, dass in großen Teilen der Welt Tiere als landwirtschaftliche Nutztiere eingesetzt werden – etwa, um Felder mit Getreide oder Hülsenfrüchten zu pflügen. Auch liegt es außerhalb der grundlegenden Ethik, dass Menschen nicht ausgebeutet werden sollten.

Zur eigenen Verhaltensweise kommt die Überzeugung, dass die Welt nur dadurch zu retten sei, wenn alle Menschen auf tierische Produkte verzichten würden. Der Speziesismus muss überwunden werden. Für einen Veganer ist dieses Streben logisch und natürlich. Er sieht es als Gesetz der Vernunft, dass der Mensch vegan leben soll. Es erscheint ihm pervers, Tiere als Nutztiere zu halten. Entsprechend wird unter Omnivoren und Vegetariern für das Lebenskonzept geworben. Die vegane Überzeugung bringt diesen Missionsdruck mit sich.

Eine Religion?

Gerade weil die Lebensweise von ihren Anhängern als vernunftgemäß betrachtet wird, weil das Vegansein als einziger ethischer menschlicher Lebensstil gilt, ist der Veganismus auf dem Weg in die Religion. Die Ausschließlichkeit, mit der die Formen von Ernährung und Kleidung behauptet werden, steht dem Anspruch auf alleinige Wahrheit anerkannter Religionen in nichts nach.

Uli in Gesellschaft am 06.09.2012 um 18.42 Uhr

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