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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
Warum das Teleportieren nicht funktioniert
Physikunterricht, eine Stunde vor den Ferien. Der Jahresstoff ist abgehandelt, Noten sind eingetragen. Es ist die Zeit, in der ein Physiklehrer sich mit den interessanten Dingen des Lebens auseinandersetzen kann. Themen folgender Jahre können angesprochen werden, Kernphysik etwa.
Irgendwann wird ein Schüler die x-te Wiederholung von Star Trek ansprechen, die vergangenen Sonntag lief. Fachkundig wird er sowohl die Theorie des Warp-Antriebes mit der Überlichtgeschwindigkeit erläutern wie auch die geniale Technologie des Teleportierens. Wird es brenzlig auf dem fremden Planeten, genügt ein Funk-Anruf in die Atmosphäre. Die Gestalten auf der Planeten-Oberfläche lösen sich auf und verfestigen sich in gleicher Gestalt wieder im Raumschiff.
„Theoretisch ginge das schon“, erklärt dann der Physiklehrer. „Aber um alle Daten über die Teile eines Menschen aufzuschreiben, bräuchte es einen Papierstapel, der von der Erde zum Mond reichen würde.“ Damit ist der Traum der Schüler von einer Karriere im Weltraum schlagartig beendet. Der eine oder andere denkt noch ein bisschen über den erschlagenden Datenberg nach. Und das Thema der Physikgespräche wendet sich der Philosophie zu. Man diskutiert über die erste Ursache, über Sein und Nichtsein und bringt vielleicht noch unphysikalische Dinge wie dunkle Materie ins Gespräch.
Der Weltraum. Unendliche Weiten des Universums mit unendlich vielen Welten. Und doch war der Mensch noch nicht weiter als bis hinter den Mond. Dorthin brachte ihn der große technische Fortschritt. Die vergangenen fünf Jahrhunderte waren die Folge eines radikalen Wandels im Denken und Wahrnehmen. Es war nicht der erste Wandel. Die religiöse Reform durch die Christianisierung hatte den Glauben über das Gefühl siegen lassen. Diesen nun löste mit der Neuzeit in ähnlicher Brutalität und Radikalität das Denken ab. Mit Denken als Folge des puren Beobachtens wurde alles erklärbar und machbar.
In Star Trek ist die dargestellte Zivilisation technologisch weiter fortgeschritten, als wir es heute sind. Das Teleportieren würde dennoch so nicht gelingen. Angenommen, man würde den Aufbau eines Menschen in seinen kleinsten Einzelteilen ablesen können. Man würde diese Liste aus Atomen speichern und versenden können. Es gäbe eine Möglichkeit, dieses digitale Material aus welchen vorliegenden Teilen auch immer als Bioform zu errichten: Die erstellte Kopie wäre ein Fleischsack mit Knochen. Seine Darmflora könnte keinen einzigen Furz erzeugen.
Das Leben würde fehlen, sowohl in dem, was sich als Mensch fühlt, als auch in seinen Mitbewohnern, die den Organismus zum Laufen bringen.
Ziel des Teleportierens ist es nicht, einen Gegenstand zu kopieren. Nachdem aber Teil für Teil „gesendet“ werden soll, könnte man auch alles ablesen, übertragen und dann zusammenbauen und abschließend das Original am Ausgangsort entfernen. Im Film gelingt der Transport in zerlegter Weise deswegen, weil der Mensch als rein materielle Teilchensammlung betrachtet wird. In Wirklichkeit hätte die Seele des Menschen Schwierigkeit zu wissen, wo der dazugehörige Körper nun gelandet ist.
Kurzum: Beim Teleportieren mit dem gegenwärtigen Weltbild und seinen Techniken würde die Hälfte vergessen.
Uli in Philosophie am 30.04.2011 um 08.57 Uhr
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Der zeitgenössische Materialismus sieht nun Geist als ein Epiphänomen, das spontan entstehen soll nachdem ein biologisches oder technisches Gehirn eine hohe Stufe der Komplexität erreicht hat. Dargestellt wird dies relativ früh von Stanislav Lem sowohl in seiner Science Fiction als auch in seinen philosophischen Werken. Lem war übrigens sehr enttäuscht von der Entwicklung der Computerei, die keineswegs der von ihm vorgestellten Künstlichen Intelligenz entspricht.In neuerer Zeit hat Mark Rowlands philosophische Konzepte anhand SciFi-Filmen vorgestellt (Der Leinwandphilosoph, 2009), versteht Geist aber auch nur als ein Flackern der Neurone. Nach meinem Verständnis ist es aber nicht möglich, diese Auffassung innerhalb des Kontinuums der heutigen überwiegend materialistischen Weltauffassung argumentativ zu widerlegen. Frühere Anläufe von Quantenphysikern (David Bohm) oder Biologen (R. Sheldrake), Bewußtsein auf nichtmateriellen Ebenen zu lokalisieren, sind leider weitgehend vergessen.
Michael am 03.05.2011 um 21.58 Uhr.