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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
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Fenster vom 03. Dezember

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Strohhalm, Kohle und Bohne

Strohhalm, Kohle und Bohne

Ein Märchen der Brüder Grimm

In einem Dorf wohnte eine arme alte Frau, die hatte für eine Mahlzeit Bohnen zusammengebracht und wollte sie kochen. Sie machte auf ihrem Herd ein Feuer zurecht, und damit es desto schneller brennen sollte, zündete sie es an mit einer Hand voll Stroh. Als sie die Bohnen in den Topf schüttete, entfiel ihr unbemerkt eine. Auf dem Boden neben einen Strohhalm kam sie zu liegen. Bald danach sprang auch eine glühende Kohle vom Herd zu den beiden herab.

Da fing der Strohhalm an und sprach: „Liebe Freunde, von wo kommt ihr denn her?“ Die Kohle antwortete: „Ich bin zum Glück dem Feuer entsprungen, und hätte ich das nicht mit Gewalt durchgesetzt, so wäre ich gewiss gestorben. Zu Asche wäre ich verbrannt.“ Die Bohne sagte: „Ich bin auch noch gerade so mit heiler Haut davongekommen. Wenn mich die Alte in den Topf gebracht hätte, wäre ich ohne Barmherzigkeit zu Brei gekocht worden, wie meine Kameraden.“ „Wäre mir denn ein besseres Schicksal zuteil geworden?“, sprach das Stroh. »Alle meine Brüder hat die Alte in Feuer und Rauch aufgehen lassen. Sechzig hat sie auf einmal gepackt und ums Leben gebracht. Glücklicherweise bin ich ihr zwischen den Fingern durchgeschlüpft.“ „Doch, was sollen wir denn nun anfangen?“, sprach die Kohle. „Ich meine“, antwortete die Bohne, „weil wir so glücklich dem Tod entronnen sind, da wollen wir als gute Gesellen zusammenhalten. Damit uns hier nicht wieder ein neues Unglück ereilt, sollten wir gemeinsam auswandern und in ein fremdes Land ziehen.“

Der Vorschlag gefiel den beiden andern, und sie machten sich miteinander auf den Weg. Schon bald kamen sie an einen kleinen Bach, an dem kein Übergang war. Also wussten sie nicht, wie sie hinüberkommen sollten. Der Strohhalm hatte einen guten Rat und sagte: „Ich will mich quer über den Bach legen, dann könnt ihr auf mir wie auf einer Brücke herüber gehen.“ Der Strohhalm streckte sich also von einem Ufer zum andern, und die Kohle, die von hitziger Natur war, trippelte auch ganz keck auf die neu gebaute Brücke. Doch als sie in die Mitte gekommen war und unter ihr das Wasser rauschen hörte, wurde ihr doch bange zu Mute. Sie blieb stehen und traute sich kein Stück weiter. Der Strohhalm fing durch ihre Hitze an zu brennen, zerbrach in zwei Stücke und fiel in den Bach. Die Kohle rutschte nach, zischte laut auf, als sie ins Wasser kam und gab den Geist auf.

Die Bohne, die vorsichtigerweise noch auf dem Ufer zurückgeblieben war, musste so über die Geschichte lachen, dass sie nicht aufhören konnte. Sie lachte so gewaltig, dass sie zerplatzte. Nun wäre es ebenfalls um sie geschehen, wenn da nicht zum Glück ein Schneider, der auf der Wanderschaft war, sich an dem Bach ausgeruht hätte. Weil er ein mitleidiges Herz hatte, so holte er Nadel und Faden heraus und nähte sie zusammen. Die Bohne bedankte sich bei ihm aufs Schönste. Da der Schneider den schwarzen Faden gebraucht hatte, haben seit der Zeit alle Bohnen eine schwarze Naht.