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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
für Tagfalter und Nachtdenker

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Auch ohne weite Reisen lässt sich Urlaub machen

Sommer, Sonne, Urlaubszeit


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Bild: Uli
 (© Eckdose)

Ohne weit zu verreisen haben wir Urlaub gemacht. Seltsamerweise ließen das viele, denen wir davon erzählten, nicht gelten: „Urlaub zu Hause ist kein richtiger Urlaub.“ Was ist denn ein richtiger Urlaub? Die Menschen nach ihrer Motivation zu reisen gefragt, scheint Urlaub zu sein: genügend Abstand von der Arbeit haben, Kräfte sammeln, sich ausruhen, nichts tun müssen, etwas von der Welt sehen, Schönes erleben, Spaß haben.

Wer zu Hause immer nur an Arbeit denken muss, sollte seine Vorstellungen von Arbeit nochmals überdenken. Auch ist vielleicht der Wohnort nicht der richtige, wenn man keinen Spaß hat. Ist beides erfüllt – also ein Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit hergestellt – bleibt für einen erfüllten Urlaub vielleicht noch die Reihe der Kriterien: etwas von der Welt sehen, Schönes erleben, Spaß haben. Dass das nicht von zu Hause aus gehen soll, sind eine Setzung und eine Frage des Bewusstseins.

Neulich besuchten wir eine Freundin in einer deutschen Metropole. Die Freundin lebt und arbeitet seit einem knappen Jahrzehnt in der Stadt. Leider konnte sie uns nicht sagen, was in der Umgebung ein lohnenswertes Ausflugsziel wäre. Aber sie verreist, um etwas von der Welt zu sehen.

Es kann unglaublich erholsam sein, ein paar Meter vor die Türe zu treten und aufmerksam die Bienen, Schmetterlinge, Blüten und Vögel zu beobachten. Es gibt auch in Großstädten so viele Parks und Grünstreifen, die sich ohne Aufwand erreichen lassen, um Schönes sehen und erleben zu können. Naherholungsgebiete wie Seen sind in der Regel mit Bus und Bahn gut erreichbar. Jede Kleinstadt hat ein Freibad und – falls man wegen eines Regentags lieber unter Dach bleiben möchte – ein Museum. In Deutschland gibt es eine dichte Infrastruktur von Spaßbädern, die Zahl an Freizeitparks, Kletterhallen und Bespaßungsprogrammen für Erwachsene nimmt zu.

Natürlich ist das Holstentor in Lübeck nicht Taj Mahal, der Wannsee nicht Venedig und die Wasserkuppe in der Rhön ist nicht Machu Pichu. Aber muss ich wirklich um die Welt fliegen, um etwas Schönes zu sehen? Hat es noch einen Mehrwert, wenn ich mit Touristenmassen nach Venedig ströme, nur um dort gewesen zu sein? Venedig, Taj Mahal oder Machu Pichu sind heute so authentisch wie Disneyland. Ich kann als Tourist an solchen Orten gar nicht das Ursprüngliche und Wahre erleben – allein, weil Massen an Touristen dort sind und sich alles nur auf mich als Tourist ausrichtet.

Die Behauptung, man hätte in Deutschland, gar in Europa schon alles gesehen, zieht nicht. Es ist gute Werbung, die den Sommerurlaub in der Heimat verdammt und suggeriert, der Endlos-Pool am All-Inclusive-Hotel müsse es sein. Lässt sich ein Insta-taugliches Bikinifoto nicht auch an einer Hängeweide beim idyllischen Bachlauf um die Ecke schießen? Das hätte den Vorteil, dass man nicht Schlange stehen muss, um den Schnappschuss zu erreichen. Auch die Burgruine im Wald um die Ecke dagegen steht ruhig und verlassen da. Ich kann mir viel Zeit lassen, alle sakrale Stimmung dieses Ortes wahrzunehmen und alle Baukunst fotografisch einzufangen.

Die Menschheit hat den Urlaub und das Reisen erfunden, noch ehe es Flugzeuge gab. Warum schaut man statt in den Reisekatalog nicht einfach mal auf die Landkarte und sieht, welche schönen Ziele es in der Umgebung gibt?

Uli in Lebenskunde am 21.07.2019 um 19.08 Uhr


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