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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
für Tagfalter und Nachtdenker

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Eine Brücke, die keine Brücke ist

Misslungene Begriffe: Die Seebrücke


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Urheber*in: S.L.B.
 (Creative Commons)

Eine Scherzfrage will wissen, was man sich unter eine Brücke vorstellt. Hat man die Frage einmal gehört oder gelesen, gibt man zur Enttäuschung des Scherzkekses die erwartete Antwort: „Wasser“. Für Spitzfindige eignet sich diese, wie alle Scherzfragen, wenig. Unser Vorstellungsvermögen bringt schließlich auch noch Obdachlose, Eisenbahngeleise, Straßen, Fußwege oder sogar Favelas unter Brücken hervor.

Doch was stellt man sich unter einer Seebrücke vor? Die Nase, will man vielleicht antworten, und möchte das Wort „Sehbrücke“ schreiben, eine kreative Neuschöpfung für Brille. Auch hier ist die Antwort auf die Scherzfrage „Wasser“. Auf einer Seebrücke, zum Beispiel in Heringsdorf oder Ahlbeck auf Usedom, kann man gehen, hinunter sehen und nach oben blicken. Für alles weitere, was eine Brücke kann, hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf.

Fragt man nach einer Begriffsklärung der „Brücke“, geben nicht nur Wörterbücher eindeutige Auskunft. Das Wortfeld enthält noch das Verb überbrücken und das Substantiv Überbrückung, seltener Konstruktions-Bestandteile wie Brückenstein, die auch übertragene Bedeutung bekommen haben. Eine Brücke überbrückt etwas. Grimms Wörterbuch meint, der Begriff besage ursprünglich, eine Brücke wölbe sich über ein Hindernis.

Deutlich wird: Es besteht durch die Brücke eine Verbindung zwischen zwei Punkten, die durch das Hindernis getrennt würden. Eine normale Brücke führt sicher über das Trennende, sie endet nicht im Nichts. Sonst wäre sie keine Brücke, der Begriff wäre verfehlt.

Brücken, die ihre Funktion nicht erfüllen, heißen auf Deutsch „Soda-Brücke“. Mit dem gleichnamigen Getränk haben sie nichts gemeinsam. Es sind Brücken, die einfach „so da“ sind.

Eine Seebrücke ist eine höher gelegte Weg-Konstruktion, die Fußgänger vom Meeresufer aus trockenen Fußes ein gewisses Stück über den Strand aufs Meer hinaus führt. Überbrückt wird einzig der unmittelbare Küstenstreifen, die Grenze zwischen Nass und Trocken. Die Seebrücke führt nirgendwo hin, sie endet mitten im Hindernis, der See. Insofern handelt es sich um eine misslungene Namensgebung. Passender wäre eine Wortbildung mit „Steg“. Ein Bootssteg bringt bereits mit sich, dass er nichts überbrückt und – wie die Seebrücke – auf Pfeilern steht. Auch unter ihm stellt man sich in aller Regel Wasser vor.

Uli in Philosophie am 22.07.2012 um 13.47 Uhr

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