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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
für Tagfalter und Nachtdenker

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Und es ist nicht der Geruch von geröstetem Kaffee.

Da stinkt etwas. Ganz gewaltig.


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Bild: Uli
 (© Eckdose)

Was passiert, wenn die Mehrwertsteuer steigt? Richtig. Die Produkte werden teurer. Was passiert, wenn Zusatzsteuern wie Ökosteuer eingeführt werden? Richtig. Die Produkte werden teurer. Was passiert, wenn Steuernachlässe für umweltfreundliche Produkte, Wirtschaftsförderungen oder Forschungen gewährt werden? Richtig. Die Produkte bleiben beim gleichen Preis und werden dann erst im Folgejahr teurer.

Mittlerweile dürfte jeder Normalverbraucher die Tricks der Verkäuferlobby kennen gelernt haben. Nach Belieben werden Randprodukte günstiger, viel Gekauftes teurer. Und beschwert sich ein Verbraucherverband, kommen fadenscheinige Behauptungen wie „Die Chinesen trinken mehr Milch“. Fordern die Milchbauern dann auch mehr Geld für den Rohstoff, heißt es von Seiten des Einzelhandels, man könne den Verbrauchern nicht noch höhere Preise zumuten. Und munter steigen die Preise weiter, sobald die Debatte die Medienaufmerksamkeit wieder verlassen hat.

Doch leider haben die Kunden Schmerzgrenzen. Diese orientieren sich an psychologischen Preisen. Der Kaffee hat mit seinen gut fünf Euro für 500 Gramm die Schmerzgrenze gesprengt. Viele überlegen sich zwei Mal, ob sie den fair gehandelten, biologisch angebauten Markenkaffee für 5,49 Euro nehmen oder lieber den billigen, markenlosen Supermarkt-Kaffee, an dem die Kaffeeröstereien kaum etwas verdienen. Plötzlich entdeckt die Hamburger Rösterei J.J.Darboven ein Mittel, sich bei den belasteten Kunden als Fürsprecher einzuschleimen und den Kaffeepreis noch etwas länger in der Nähe der Schmerzgrenze zu belassen.

Auf den 500-Gramm-Packungen von Darboven-Kaffee kleben gleich zwei rote Zettel, die den Käufer fragen, ob diese schon wussten:

„... dass Sie bereits beim Morgenkaffee eine versteckte Kaffeesteuer zahlen“

Nein, wusste der Kunde nicht. Also soll er jetzt empört sein, dass der böse, böse Staat wieder abzockt. Er wusste ja auch nicht,

„... dass die Kaffeesteuer für 1kg Kaffee € 2,19 beträgt“.


Bild: Uli
 (© Eckdose)

Das ist ja furchtbar! Da fühlt sich der Kunde doch glatt beschämt, dass er mit dem teuren Fair-Trade-Kaffee weniger die armen Menschen auf der Plantage, sondern viel mehr den bösen, bösen Staat unterstützt. Sofort will der Verbraucher rechnen, um herauszufinden, was der Kaffee kosten würde ohne Steuer. 5,49 € - 2,19 € = 3,30 €. Damit würde Kaffeetrinken plötzlich Spaß machen. Doch leider hätte sich hier jemand in der Hektik des Einkaufs verrechnet. Die Kaffeesteuer für eine Packung, also nur 500 Gramm Kaffee, beträgt 1,095 Euro. Der Darboven-Kaffee kostet dann noch 4,49 Euro – ganze 50 Cent unter der Schmerzgrenze.

Ehe aber der Kunde zum Weiterrechnen kommt, wird er noch informiert,

„... dass diese Steuer ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten ist“.

Das ist eine Nachricht, die überrascht. War man doch bisher davon ausgegangen, alle Steuern kämen aus noch zukünftigen Zeiten. Spätestens mit dieser fragwürdigen Information sollte der Manipulationsalarm schrillen.

Davon ab: Nur weil etwas aus vergangenen Zeiten ist, ist es noch nicht schlecht. Immerhin macht J.J.Darboven damit Werbung für sich, dass sie eine „Traditionsrösterei in Hamburg“ seien und seit 1866 im Geschäft.

Deswegen würde kein Mensch auf die Idee kommen, eine „Initiative gegen Kaffeerösterei in Hamburg“ zu starten.

Da stinkt etwas, ganz gewaltig. Und zwar nicht nach geröstetem Kaffee.

Indem – mit Unterstützung anderer Lobbygruppen mit bisweilen anders zielenden Motiven – die Sonder-Steuer für den Kaffee gestrichen wird, kann Darboven für seinen teuren Kaffee auf mehr Käufer hoffen. Dass dann der Preis günstiger wird, ist nicht ernsthaft zu glauben. Mit einem Preis dann von 4,99 Euro läge der Kaffee wieder unter der Schmerzgrenze, wäre billiger als jetzt und Darboven könnte für sich noch immer das Image als Verbraucherfreund pflegen.

Uli in Gesellschaft am 07.12.2011 um 15.10 Uhr


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