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Wenn alte PC-Gedanken sich aktualisieren

Der Mensch in inszenierter Perfektion


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Bild: Uli
 (© Eckdose)

Das Leben eines Menschen, der stets auf der Suche nach Perfektion ist, befindet sich in einer ausweglosen Irre. Das Leben eines Christen, der stets auf der Suche nach Perfektion ist, wird dagegen begleitet von zwischenmenschlichen Enttäuschungen.

Sucht der Mensch nämlich schon nach Perfektion im Gegenüber, wird der Christ diese beim Mitchristen bereits erwarten. Er wird mit der Überzeugung leben, dieselbe Ansicht zu Perfektion im Mitchristen vorzufinden und die unweigerliche Folge dessen äußert sich in Form tiefer Enttäuschung. Die Frage ist nun also, wie der Mensch, im Speziellen der Christ, mit solchen Enttäuschungen umgehen kann.

Zum einen kann er an seinen Überzeugungen unbeirrt festhalten, also das erfahrene Unrecht oder das Nichteintreffen einer Erwartung als bloße Zwischenstation des Lebens ansehen und aus Selbstschutz oder dem Erhalt der persönlichen Illusionen nicht eingehender darüber nachdenken. Wird er diesen Weg wählen, so entscheidet er sich allerdings eindeutig für den Weg des geringsten Widerstandes. Er wird neue Gruppierungen kennen lernen, auch hier nicht die erwünschte Perfektion vorfinden, weiter zur nächsten irren. Doch der Kern und das vermeintliche Ziel in Form der ersehnten Perfektion wird der Mensch unter Menschen, auch Mitchristen – wenn nicht am allermeisten dort, nie finden können. Am wenigstens ist diese jedoch in solch einem Menschen selbst zu finden. Denn unter der fortwährenden Bemühung um Perfektion geschieht im Menschen selbst das genaue Gegenteil. Nicht Perfektion prägt seine Verhaltensweise oder spiegelt sich in seinem inneren Wesen, sondern ein Wunschdenken, das sich der ständig variierenden Situation bedingt durch äußere Einflüsse anpasst. Worin der Mensch dann lebt, ist also nicht Perfektion, sondern vielmehr individuell inszenierte Wirklichkeit in Form einer persönlichen Scheinwelt. Irgendwann wird der Christ aber erkennen, in welche zwischenmenschliche Leere, der er den Deckmantel der Perfektion verliehen hat, er sich selbst gesehnt hat. Die unmittelbare Konsequenz ist das Hinterfragen der eigenen Haltung und ein vorübergehender Rückzug aus dem zwischenmenschlichen Umgang. In dieser Rückzugs-Phase geschieht es nur all zu leicht, dass der Christ durch die verlorene innere Wirklichkeit auch den Bezug zum eigentlichen Ziel, nämlich nicht der Perfektion, sondern vielmehr der göttlichen Wirklichkeit, verliert. Was vom einstigen Christ mit hohen Erwartungen und großen Zielen übrig bleibt, ist nichts anderes, als der kläglich gescheiterte Versuch dem Unvollkommenen Perfektion zu verleihen. Statt Perfektionismus begleiten nun Verbitterung, Enttäuschung oder gar empfundene Sinnlosigkeit sein Leben.

Nun steht es dem Menschen jedoch auch offen, nach der Erkenntnis der Unvollkommenheit im menschlich irdischen Wesen und den damit verbundenen Enttäuschungen, seine einstige perfektionsorientierte Haltung einzuschränken - und zwar nicht im Sinne dessen sie gänzlich zu verlieren, denn dieses Verhalten wiederum könnte Gefahr laufen in Resignation und vollkommenes Desinteresse umzuschlagen, sondern stattdessen gesteigertes Interesse und Motivation gerade den Mitchristen gegenüber an den Tag zu legen. Das menschliche Handeln wird auf diese Weise geprägt sein von der Gewissheit, Perfektion aus eigenen Stücken nie erreichen zu können – ebenso wenig, wie das Gegenüber dies zu leisten vermag. Doch gleichzeitig schwingt das Vertrauen auf göttliche Möglichkeiten mit und die Vision einer Gemeinschaft, die zwar im einzelnen nicht perfekt ist, sein kann oder jemals sein wird, doch die durch den Zusammenhalt stark genug ist, göttliche Perfektion und Wirklichkeit bereits auf der Erde spürbar werden zu lassen.

sophie in Philosophie am 06.10.2010 um 17.00 Uhr

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